Sonntag, 23. Oktober 2011
Das Lächeln


"Wird Lächeln Ausdruck, dann drückt es in jeder Form die
Menschlichkeit des Menschen aus. Nicht nur so wie jede
Expression bei ihm, auch die ungehemmteste der starken
Affekte, noch etwas Menschliches durchscheinen läßt, nicht
wie Lachen und Weinen, die als seine Monopole in spezifi-
schen Formen eines Verlusts seiner Selbstbeherrschung zum
Vorschein kommen, sondern in aktiver Ruhehaltung und
beherrschtem Abstand. Noch in den Modifikationen der
Verlegenheit, Scham, Trauer, Bitterkeit, Verzweiflung kün-
det Lächeln ein Darüberstehen. Das Menschliche des Men-
schen zeigt sich nicht zufällig in leisen und gehaltenen
Gebärden, sein Adel in Lockerung und Spiel; wie eine
Ahnung im Anfang, wie ein Siegel im Ende. Überall, wo es
aufscheint, verschönt sein zartes Leuchten, als trage es einer
Göttin Kuß auf seiner Stirn."
Zitat Helmuth Plessner, in: Mit anderen Augen, Stuttgart (Reclam) 1982, 197
Das Lächeln

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